BIM stellt einen echten Mehrwert und Zugewinn dar, auch wenn sich viele vor allem kleinere und mittelständige Baubeteiligte immer noch zögerlich nähern oder unsicher sind. Aber BIM ist nicht nur für die oberen Zehntausend wichtig, sondern etwas, mit dem sich jeder Bauherr, jedes Planungsbüro und jede Bauunternehmung auseinandersetzen muss.
Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick darüber, was BIM ist, wie Sie BIM in Ihrem Unternehmen oder in Ihrem Projekt implementieren und wie Sie BIM in Zukunft zu Ihrem Thema machen können.
Die Tragweite von BIM verstehen
Checkliste: Was vor dem Projektstart erledigt sein muss
So wird Ihr erstes BIM-Projekt ein Erfolg
Vielleicht fragen Sie sich: Wieso denn eigentlich und überhaupt das Thema BIM? Früher haben wir doch auch ohne gebaut?! Warum müssen wir uns jetzt alle damit beschäftigen, was muss ich dazu wissen, warum reden wir über BIM?
Bauvorhaben werden immer komplexer, größer und die Zahl der beteiligten Parteien nimmt zu, was dann zu Intransparenz, Planungsunsicherheit und Kostenunübersichtlichkeit führt. Prominente Beispiele zeugen von Ineffizienz und mangelnder Produktivität der Baubranche.
Zwischen 2010 und 2018 konnte in der Baubranche lediglich ein Produktivitätszuwachs von 2,8% verzeichnet werden. Andere Branchen dagegen, z.B. der Vorreiter die Informations- und Kommunikationsbranche, konnten die Produktivität um 23,7% steigern. (Link zur Studie)
Mit der Initiative planen-bauen 4.0, hat der Bund Anfang 2015 reagiert, um die Einführung von BIM in Bauprojekten zu fördern und langfristig die Effizienz sicherzustellen.
Über den Stufenplan „Digitales Planen und Bauen“ ist seit 2020 für alle Infrastrukturprojekte die Planung mit BIM bereits verpflichtend und auch im Hochbau schreitet die Einführung voran.
Die Antwort darauf ist tatsächlich nicht so ganz einfach. In einem Fall kann BIM nämlich ein solider Wanderstiefel sein und in einem anderen ein Stiletto in rotem Lackleder. Das hängt immer von der Frage ab, wo ich denn hingehen will. Es gibt nicht die eine BIM-Lösung – es gibt unendlich viele. So wie es nicht nur den einen passenden Schuh gibt.
Es gibt kein fertiges Produkt BIM oder einen Baukasten, den man kaufen kann, im Büro öffnet und damit loslegt, sondern es gilt zuerst die Frage zu klären: Welchen Weg will ich beschreiten, wo liegt mein Ziel, was will ich tun?
BIM steht für 'Building Information Modeling' oder auch für 'Building Information Management', was den Kern der Sache besser trifft:
Es geht immer um Kommunikation und es geht um Management.
Das Thema Management ist das Wesentliche, auf die Koordination und die Kooperation kommt es an.
Unsere Umwelt nehmen wir 3-dimensional wahr. Wir lernen zwar in der Mathematik in der n-ten Dimension zu rechnen, aber können wir uns das vorstellen? Abstrakt, aber mittlerweile etabliert, 4D und 5D für das Zeit- und Kostenmanagement.
Zielführender ist jedoch, sich statt 5D um die 5W zu bemühen, das sind nämlich die elementaren Fragen, denen man sich stellen muss:
WER bekommt WANN von WEM auf WELCHEM Weg, WIE beschaffene Informationen.
Gerade in diesem Bereich ist eine sauber aufgesetzte Gesamtorganisation besonders wichtig.
In der Modellbearbeitung gibt es zwei Herangehensweisen, das closedBIM und das openBIM. Das sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Systeme in der Datenhaltung, nicht aber in der Frage dessen, was die Inhalte sind.
closedBIM ist ein top-down-Prozess, die Software ist vorgegeben und beim Datenaustausch werden so alle attribuierten Informationen im originären Format übergeben.
openBIM ist ein bottom-up-Prozess, bei dem die Informationen über die sogenannte IFC-Schnittstelle ausgetauscht werden.
IFC steht für 'Industry Foundation Classes' und beschreibt ein Modell auf der Ebene einer Datenstruktur. Über diese Datenstruktur werden die CAD-Daten der verschiedenen Hersteller auf ein vergleichbares Format gebracht. Die IFC-Modelle können so in einer dafür geeigneten Software angesehen, verglichen, qualitätsgesichert und auch gegeneinander in einer sogenannten Kollisionskontrolle geprüft werden, sie können aber nicht editiert werden.
In beiden Fällen muss es genaue Vorgaben zur Datenübergabe geben.
Das Herzstück eines BIM-Prozesses ist die CDE (common data environment), die zentrale(n) Plattform(en) für einen eindeutig geregelten und dem 'single source of truth'-Gedanken folgenden Datenaustausch.
Ausschnitt aus einem BIM-workflow
Das mag auf den ersten Blick eine kaum verständliche Darstellung eines Datenaustauschs sein, aber hier wird genau festgelegt, in welchen Digitalprozessen eine Datei bzw. ein Modell, ein Plan oder welches Dokument auch immer, innerhalb dieses BIM-Prozesses entsteht und wie und wo es von A nach B wandert.
Es ist also sinnvoll, jemanden im Team zu haben, der sich mit diesen Prozessen auseinandersetzen mag. Jemanden mit technischer Begeisterung, der die Arbeit Datenbanken liebt.
Die Einführung von BIM wird oft verwechselt mit der Einführung einer neuen Software. Tatsächlich ist es aber die Änderung der Arbeitsmethode, in der die Software einen kleinen Anteil hat. Andere Dinge sind aber viel entscheidender und sollten für die BIM-Implementierung in den Fokus genommen werden.
In den Ausschreibungsunterlagen hat sich seit der Einführung von BIM hinsichtlich der Formulierungen einiges getan, gegebenenfalls findet man aber eine Position, die den 'Preis, wenn Sie das Projekt mit BIM machen.' abfordert.
Das ist wie die Frage: was kostet ein Stück Auto? Das ist eben nicht einfach so zu benennen und trotzdem wird es in manchen Angebotsanfragen so formuliert.
Hier hilft nur das direkte Nachfragen bei der Ausschreibungsstelle nach den AIA, den Auftraggeberinformationsanforderungen. In diesem Dokument sind die Forderungen zum BIM-Prozess klar beschrieben.
In diesem Zusammenhang ist auch die Frage interessant, wie denn das vom AG gewünschte Organigramm zum Projekt aussieht. Wer ist am Projekt beteiligt?
Bei der Bearbeitung mit BIM kommen weitere Personen hinzu. Dieses Organigramm eines Projektes zeigt die verschiedenen existierenden BIM-Rollen.
Wenn das Projekt größer ist, wird auf Auftraggeber- oder Bauherrenseite der BIM-Berater unterstützend tätig. Dazu kommt der BIM-Manager, der zusammen mit der Projektsteuerung den digitalen Anteil des Projekts regelt und dafür verantwortlich ist, die Anforderungen des Auftraggebers gegenüber dem Planungsteam zu prüfen, zu verfolgen, umzusetzen und der gegebenenfalls. auch Festlegungen trifft oder IT-Leistungen erbringt.
Der Objektplaner benötigt einen BIM-Hauptkoordinator in seinem Team und die Fachplaner jeweils einen BIM-Koordinator. Das sind die Personen mit BIM-Knowhow, die sich mit der Thematik auseinandersetzen und untereinander wiederkehrend kommunizieren. Hier wird Personal benötigt, das weiß, was es tut.
Auch wenn BIM einen Mehrwert generiert, wird sich bei allen Veränderungen und Neuerungen eine Ersparnis nicht sofort einstellen. Zuerst wird die Ersparnis aber beim Auftraggeber sichtbar und Auftragnehmer müssen zunächst investieren.
Der Auftraggeber hat folgende Vorteile: Er bekommt durch ein gut aufgesetztes BIM-Projekt sehr hohe Transparenz. Ein Ziel eines BIM-Projektes ist die Verkürzung der Projekt-Laufzeit. In vielen Fällen ist es so, dass jeder Tag, an dem ein Gebäude früher an den Start geht, bares Geld ist. Daher ist die Projektbudgetierung ein klassischer BIM-Anwendungsfall, also die Kosten zu betrachten, um sie zu optimieren.
Ein weiterer Bereich mit nicht unwesentlichem Einsparpotential für den AG sind die Nachträge: Es wird wesentlich schwieriger Nachträge zu stellen, da Information oder Planänderungen durch die Bearbeitung des digitalen Zwillings in aller Regel allen rechtzeitig bekannt werden. Mithilfe der Datenbank lassen sich die Informationsflüsse jederzeit nachverfolgen.
Auf der anderen Seite stehen die Ausgaben des Auftragnehmers. Das Kostspieligste ist das Knowhow. Wenn man bei 0 startet, muss Geld eingeplant werden, um dieses Knowhow zu erwerben, über Schulungen und zusätzliche Mitarbeiter, oder letztendlich über einen externen Berater, der für eine bestimmte Zeit hinzugezogen wird.
Gegebenenfalls wird zusätzliche Hardware oder Software benötigt. Es ist zu prüfen, ob die vorhandenen CAD-Systeme wirklich BIM-fähig sind. Möglicherweise muss das ein oder andere Tool zusätzlich angeschafft werden, wie z. B. ein Modelchecker oder eine Datenbanksoftware. Und nicht zuletzt müssen die Ausgaben über den Faktor der Zeit berücksichtigt werden. Zeit, die gebraucht wird, um Entscheidungen zu fällen, für die Implementierung und für die Schulungen.
Der größte Vorteil für den Auftraggeber liegt im BIM-Anwendungsfall BIM2FM, hier geht es um die Daten für den Betrieb. Bis zur Übergabe des Gebäudes liegen im digitalen Gebäudemodell zu allen verwendeten Bauteilen und technischen Einbauten digital angehängte Informationen vor, so dass hier im Anschluss bei Betrieb und Unterhaltung des Gebäudes bares Geld eingespart werden kann. Voraussetzung hierfür ist eine gut gepflegte FM-Datenbank.
Auch wenn viele verschiedene Möglichkeiten der Organisation eines BIM-Projekts existieren: Die Einrichtung und der Betrieb der CDE muss zwingend auf Bauherrenseite erfolgen und darf nicht über den Objektplaner abgewickelt werden.
Auf dem Weg zum Status #BIMstartklar! hat sich diese Roadmap als erfolgreich bewiesen:
Stufe 1 - IT-Check
Es ist zu prüfen, was an Hard- und Software bereits vorhanden ist und mit dem abzugleichen was benötigt wird und somit noch angeschafft werden muss.
Stufe 2 - Ressourcen-Check
Es ist zu prüfen, welche Mitarbeiter im Unternehmen bereits BIM-Erfahrung haben, wer interessiert sich dafür, wer sendet Signale, sich in die Thematik einarbeiten zu wollen? Suchen Sie begeisterungsfähige und begeisternde Mitarbeiter.
Stufe 3 – Einführungsstrategie
Ohne Strategie keinen nachhaltigen Erfolg. Es ist festzulegen, WIE man die Implementierung umsetzen will! Was ist das Ziel, was sind die einzelnen Schritte auf dem Weg? Was muss man kaufen, wann kann man zu einer Schulung schicken? Diese Aufgabenstellung muss ganz individuell für Ihr Unternehmen gelöst werden.
Wenn die Strategie feststeht, also der genaue Fahrplan der Umsetzung, dann muss man sukzessive an dem Thema
Stufe 4 – Kompetenzaufbau
arbeiten, d. h. die verschiedenen Aufgaben und Schulungen sind zu verteilen. Die entsprechenden Mitarbeiter müssen die Möglichkeit erhalten, die Kompetenzen zu erwerben, die sie benötigen.
Und wenn das dann alles umgesetzt wurde, dann ist es ratsam, einen
Stufe 5 - Praxistest in einem kleineren Projekt zu machen
Wenn das Strategiepaper, in dem das WIE definiert wurde, vorliegt und der „proof of concept“ zu Ihrer Zufriedenheit abgeschlossen wurde,
dann können Sie sagen: Ich bin #BIMstartklar!
Diese Punkte bilden die ToDo-Liste vor dem Projektstart. Haben Sie alles erledigt, bzw. alle Dokumente fertig und die Implementierung abgeschlossen?
Gratulation! Dann können Sie Ihr erstes BIM-Projekt beginnen.
Und damit Ihr erstes BIM-Projekt ein Erfolg wird, finden Sie hier weiterführende Vorträge oder auch Arbeitspapiere zum Download: